Historisches Foto eines Gebäudes der Nürtingen-Grundschule in einem Bilderrahmen

Geschichte

Die Schulhäuser auf unserem Campus sind ein Stück Berliner Geschichte mit vielfältigen Spuren der Vergangenheit. Auch die Gebäude selbst sind historische Quellen. Sie erzählen uns Geschichten über den Kiez und über das Unterrichten seit 150 Jahren. Sie erzählen auch davon, wie die Stadt Berlin im 19. Jahrhundert Schulen in den neu entstandenen Vierteln organisierte, wie sie Kinder aus den Fabriken holte und in ihrem Sinn erziehen wollte. Unsere Schule hat Weltkriege und die Berliner Mauer, Einwanderung, Aufbrüche und Neuanfänge erlebt.

Kinder in Berlin

Die Stadt Berlin organisierte sich nach 1808 neu. In den Jahrzehnten bis 1900 entstanden überall Schulhäuser, Das Gemeindeschulwesen versuchte jedes Kind zu erreichen, mit der Zeit verschwand der „Armen-Geruch“ der Gemeindeschulen. Der Staat erlangte die Kontrolle über das, was und wie gelernt werden sollte. Doch für viele Kinder war es auch die Befreiung von Fabrikarbeit oder Arbeit als Aufsicht für kleinere Geschwister. Für die Gymnasien stellte sich die Frage, welche Bildung die richtige sei: die so genannte klassische Bildung mit Latein und Wissen um Philosophie und Gesichte oder Bildung für gut vorbereitete Techniker für die wachsende preußische Industrie?

Berufsschule für das graphische Gewerbe, ehemaliges Leibniz-Gymnasium, 1876, heute: Nürtingen-Grundschule – ©Bildarchiv Foto Marburg/Landesdenkmalamt Berlin
Berufsschule 1945 – ©Bildarchiv Foto Marburg/Landesdenkmalamt Berlin

 

Orange, gelb, rot – die Häuser auf unserem Schulcampus

Unser heutiges Orangenes Haus am Mariannenplatz wurde 1876 als Leibniz-Gymnasium (keine Vorgängerschule des heutigen Leibniz-Gymnasiums) für Jungen eröffnet. Herrmann Blankenstein war der zuständige Baustadtrat. Martin Gropius ist hier zur Schule gegangen. 1876 entstand an der Wrangelstraße auch eine Gemeindeschule für den Kiez. Das ehemalige Hinterhaus ist heute das gelbe Haus auf unserem Campus. Das rote Haus wird derzeit aufwändig renoviert. Dieses ca. 1893 als 193. Gemeindeschule für Mädchen und 195. Gemeindeschule für Jungen eröffnete Gebäude war damals schon besonders und erhielt Auszeichnungen. Lehrer*innen und Kinder stöhnen auch heute öfter wegen der vielen Stufen. Das Haus wurde deshalb so hoch gebaut, weil die Bodenpreise kurz vor 1900 in unserem Kiez schon sehr hoch waren. Zwischen dem roten Haus und dem gelben Haus ist ein kleines Gebäude erhalten geblieben, das kleine Turnhalle genannt wurde. Es dient momentan als Mensa für die Kinder. Die Gärten und Gärtnereien der Familie Späth lagen über 100 Jahre in der Gegend zwischen Köpenicker Straße und Wrangelstraße. Die kleine Gartenhalle von 1840 ist das letzte Stück gebaute Erinnerung daran. Sie wurde als „Orangerie“ genutzt. Heute finden Sie dort als Erinnerung an diese Zeit auf den Tischen in der Mensa essbare Pflanzen aus dem Stadtraum. Das Projekt „Stadtapotheke“ hat sie dort platziert.

Zeichen aus der schrecklichen Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges finden sich heute noch in unseren Gebäuden – von Einschusslöchern in den Kellern bis zu Phosphorstreifen aus der Zeit der Luftschutzkeller auch in Schulen. In den Archiven der Schule gibt es keine Zeugnisse des Faschismus, befinden sich diese Zeugnisse in den Archiven der Alliierten?

Nach 1945 ging langsam das Schulleben wieder los. Im Kiez herrschte Armut, die verfallenen Häuser wurden bald auch von Menschen bewohnt, die auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland einwanderten. Kinder aus verschiedenen Gegenden der Welt lernten gemeinsam an den Schulen. Unsere Chroniken erzählen davon und auch von der Diskriminierung der sogenannten „Gastarbeiter“ und ihrer Kinder in der Schule. Die Gegend rund um den Mariannenplatz lag im Schatten der Berliner Mauer nach 1961 und somit sozusagen am Rande von Berlin (West) . Viele Menschen haben die Zeit als frei und verwegen in Erinnerung, andere erinnern sich an verfallene Häuser und soziale Probleme.

Mehrfach wurde der heutige Campus seit den 1960er Jahren umgestaltet. Die Planungen verfolgten das Ziel eines schönen, modernen Ortes für kindergerechtes Lernen, Bewegung und Kultur. Neue Bauten, das Montessori-Konzept, fröhliche Pausenhöfe, der Schulgarten und die von Schüler*innen mitentwickelten Lernumgebungen, die Förderung, Wertschätzung und Wahrnehmung von Vielfalt und Verschiedenheit sind nur einige Ergebnisse. Wir arbeiten alle gemeinsam weiter an unserer Zukunft!

In unserem lokalhistorischen Archiv/Museum  Die Remise auf dem Schulgelände finden regelmäßig Projekte und Ausstellungen über unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft statt. Dort befinden sich auch die kommentierte Schulchronik und die Konferenzprotokolle. Diese Dokumente wurden auf rassistische Spuren untersucht. Rund um diese Geschichte werden Ausstellungen und Kulturprojekte initiiert. Sie werden von Schüler*innen, Anwohner*innen, Pädagog*innen und Künstler*innen geplant und durchgeführt.

Warum heißen wir „Nürtingen-Grundschule“?

1958 hat die damalige Kreisstadt Nürtingen eine Patenschaft für unsere Schule übernommen. Fast jedes Jahr fahren Lerngruppen für 2 Wochen ins dortige Schullandheim Lichteneck. Zur Würdigung dieser Freundschaft heißt unsere Schule seit 1967 „Nürtingen-Grundschule“.